FR:ESSEN auf Rädern - Eine Fränkin und ein Hesse mit dem Rad in der Welt

Matze denkt in Ushuaia

 

 

Playlist:

Matze denkt über seine Playlist nach Nord-Argentinien:
  • Dust my broom
  • Another one bits the dust
  • Dust in the wind (1)
  • Devils and dust
  • Rock dust light star
  • Dust down a country road
 
 Carreteras Austral:
  • Set fire to the rain
  • Have you ever seen the rain
  • Purple rain
  • Who`ll stops the rain
  • Crying in the rain
  • November rain
  • Here comes the rain again
  • A hard rain is gonna fall
 Patagonien:
  • Dust in the wind (2)
  • Blowing in the wind
  • The wind of change
  • Winter winds
  • The wind cries Mary
  • Candle in the wind
  • Catch the wind
  • Against the wind
  • Ride like the wind

Ushuaia, 31.1.2013

 

 

Entschuldigung:

Wind

 

Nichts ist dem Radler so verhasst wie Gegenwind. Nicht der Regen, der Staub, der Verkehr oder die Berge. Nein, es ist der Gegenwind!!! Und hier möchte ich freimütig bekennen, dass ich schon oft in meiner Radler-Karriere auf offener Strecke angehalten habe um den Wind anzuschreien. Das dabei von mir verwendete Vokabular war sicher nicht immer fein. Genauer gesagt waren es die schlimmsten und bösesten Wörter welche ich kannte, dazu geeignet Balken zu biegen! Nicht das es den Wind interessiert hätte!

Hier nun möchte ich mich in aller Form bei allen norddeutschen, ostdeutschen, schweizerischen, holländischen, italienischen, französischen und ostafrikanischen Winden entschuldigen, sind sie doch nur ein Kleinkinderfurz im Vergleich zu dem patagonischen Wind.

Sorry

Ushuaia, 31.1.2013

 

 

Dirt roads

Dirt Road auf der Carretera AustralEs gibt geteerte Strassen in verschiedenster Qualität. Und es gibt unbefestigte Straßen, auch „Dirt Roads“ oder „Camino de ripio“ genannt. Das diese Schotterstrecken ebenfalls in unterschiedlicher Güte zu finden sind versteht sich denke ich von allein. Wie viele Kilometer wir letztlich auf „Ripio“ zurückgelegt haben ist schwer zu bestimmen aber es waren sicherlich über 1000km.

Das Radfahren auf solchen Strecken hinterlässt seine Spuren bei Mensch, Material und auch an mitgeführten Nahrungsmitteln. So wurde zu Beispiel aus dem Thunfisch in der Dose nach einem Tag eine homogene streichfähige Masse. Auch die, gottlob gekochten, Eier in Andreas Fronttasche waren nach einem halben Tag in kleine Teile zerbrochen. Mit Essig, Senf und Gürkchen wurde ein leidlich guter Eiersalat daraus. Vielleicht sollte man dieses Phänomen in Zukunft ausnutzen indem man am Vormittag verschiedenste Zutaten zusammenschüttet, welche dann am Abend homogenisiert sind.

Jetzt versucht ja der versierte Reiseradler alle möglichen Tätigkeiten des täglichen Lebens während des Radelns zu verrichten. Ich habe auf dem Rad gegessen, getrunken, gelesen, gerechnet, gesungen, Kleidung gewechselt, telefoniert, Karten studiert und einmal habe ich sogar kurz geschlafen. Ja meine lieben Leser, ich habe sogar, inspiriert von einer Live-Übertragung der Tour de France, versucht während des Radfahrens zu pinkeln. Das Ergebnis allerdings war auf ganzer Linie desaströs.

Befindet man sich allerdings auf einer südamerikanischen Schotterpiste so wird die kleinste Unaufmerksamkeit umgehend bestraft. Normalerweise ist der Blick starr auf die, vor einem liegenden, zehn Meter gerichtet um tiefere Schlaglöcher oder Wellblechabschnitte zu lokalisieren. Verliert man auch nur kurz die Konzentration findet man sich in Sekundenschnelle in der Rüttelhölle wieder. Es ist eine Mischung aus elektrischem Bullen, einer Rüttelplatte vom Tiefbau und einem bockendem Gaul. Ich habe einmal vor mich hin gesungen als in mich kurzerhand in der Rüttelhölle wiederfand. Das Ergebnis war eine blutige Zunge. Mein Hintern ist in der Zwischenzeit nun einiges gewöhnt aber die dreihundert kleinen Arschtritte an einem Ripio-Tag ließen mich am Abend das Essen im Stehen einnehmen.

Aber auch der simpelste menschliche Geist ist nicht dafür gemacht stundenlang starr nach vorne zu blicken. Nach jedem dieser Ripio-Tage fühlte ich mich ehrlich gesagt doof wie Brot und die abendlichen Gespräche mit Andrea waren auch eher hohl.

Nun, meine zuverlässigen und wackeren Leser, warum macht man das dann freiwillig. Ist ja nicht so als würde man dafür entlohnt werden. Genau gesagt bezahlt man auch noch Geld für diese Tortur.

Solltet ihr jetzt eine hochphilosophische Antwort von mir erwarten, so muss ich euch umgehend enttäuschen. In meinem Kopf rotierte für mehrere Tage der (miserable!!!) Song von den Pet Shop Boys: „What have I done to deserve this?!“.

Ich jedenfalls bin für alle klugen Antworten dankbar.

Zuschriften Bitte unter: matze@plei.de (die besten werden veröffentlicht!!!)

 

Ushuaia, 1.2.2013

 

Verkehrsmittel:

Lange habe ich mir beim Radfahren Gedanken darüber machen können was wohl die geeignetsten Fortbewegungsmittel sind um in Patagonien von A nach B zu reisen. Hier eine kurze Auflistung (in absteigender Reihenfolge)

 

Wohnmobil (mit Allradantrieb und verstärktem Fahrwerk)

Auto (mit Allradantrieb und verstärktem Fahrwerk)

LKW (mit Allradantrieb und verstärktem Fahrwerk)

Wohnmobil (ohne Allradantrieb)

Auto (ohne Allradantrieb)

LKW (ohne Allradantrieb)

Hubschrauber

Enduro

Pferd

Luftkissenboot

...

dann kommt ganz lange nichts

...

Fahrrad

Rollschuhe

Einrad

Pogo Stick

Surfbrett

 

EinradUnd dann kommt man in Ushuaia an. Müde aber zufrieden, erschöpft aber stolz erreicht man den Campingplatz. Man gratuliert sich selber und den anderen Radlern. Dann hält man sich für ein paar Minuten für eine harte Sau. Und dann habe ich mich mit Anne-Sophie unterhalten:

„Are you a cyclist?“

„Yes, I am“ war meine stolze Antwort, „and you?“

„Yes and no. I`ll start tomorrow to cycle all the way to Santiago with my unicycle (Einrad)!“

 

Da war er dann dahin, der ganze Radfahrstolz....wahrscheinlich kommt morgen einer mit nem Surfbrett...Scheisse!!!

PS.: monocyclette.ca

Ushuaia, 1.2.2013

 

Autos:

Warum zu verdammten Teufel stell niemand in Südamerika den Motor seines Autos ab wenn er es nicht braucht? Und wir reden hier nicht von 2 Minuten laufender Motor, während man am Straßenrand schnell eine SMS schreibt. In La Leonas, einem völlig überteuerten Restaurant/Camping/Hotel, in dem Butch Cassidy and the Sundance Kid untergetaucht sein sollen, konnte ich einen chilenischen Autofahrer beobachten. Sein Auto, riesiger Pickup-truck mit geschätzten acht Litern Hubraum parkte der Fahrer ordnungsgemäß auf der dafür vorgesehenen Stellfläche. Dann stieg er aus, betrat das Restaurant, studierte die Karte, bestellte Essen und Trinken, wartete auf das Essen, dann aß er schließlich, bestellte noch einen Kaffee, trank diesen genüsslich, zahlte und ging zurück zu seinem Wagen. In diesen fünfzig Minuten blubberte der Motor des Wagens ohne Unterlass sinn- und zwecklos vor sich hin. Auf dem Campingplatz in Ushuaia startete ein Familienvater zuerst den Motor seines Wagens um dann das Zelt abzubauen, alles zusammen zu packen und einzuladen. Derweil spiele das einjährige Kind mit dem Auspuff!

In Sibirien lassen die LKW-Fahrer den Motor laufen da sie sonst den Motor nicht wieder starten können ohne ein Feuer unter dem LKW zu entzünden. Aber wir hatten nie auch nur ein bisschen Frost!!! Vielleicht, so dachte ich still bei mir, ist das sinnlose Vergeuden von Treibstoff ein Zeichen von Wohlstand, nach dem Motto: „Schaut her, ich bin so reich, mein Motor läuft immer!!!“. Wenn man sich allerdings die Wracks anschaut mit denen manche Fahrer hier unterwegs sind, kann das auch nicht die Lösung sein, die lassen nämlich auch den Motor laufen.

Nachdem ich einen chilenischen Ingenieur getroffen und befragt hatte weiß ich jetzt Bescheid und möchte euch, meine treuen und freudlosen Leser, an diesem neu gewonnenen Wissen teilhaben lassen. Aufgrund der schlechten Straßen in Südamerika (siehe: matze denkt „Dirt roads) havarieren die Anlasser der Autos bereits nach kurzer Zeit. Da dies immer wieder Grund für Reklamationen und unberechtigter Garantieeinforderungen war entschloss sich die Autoindustrie alle Autos, welche für den südamerikanischen Markt bestimmt waren ohne Anlasser auszuliefern. Der Motor wurde einfach ab Werk gestartet und nie wieder abgestellt. Einfach aber genial!!!

Ushuaia, 1.2.2013

 

Grosses Axel Fischer Patagonien Klugschiss-Lexikon:

 

Nur für den Fall, dass sich die abendliche Konversation um unsere Reise dreht und ihr, oh meine aufrichtigen und gesitteten Leser, das Auditorium mit einer Reihe von harten Fakten beeindrucken wollt, habe ich für euch diese kleine Sammlung erstellt. Zumindest für Axel F. sollte dies eine wahre Freude sein!!!

 

Patagonien:

Die genauen Abmessungen Patagoniens sind nicht exakt definiert. Sicher jedenfalls ist, das Patagonien nördlich der Magellanstrasse und südlich der beiden Flüße Rio Colorado (Argentinien) und Rio Bio Bio (Chile) liegt.

 

Carreteras Austral: 

Zum Bau der 1350km langen Strasse wurden zeitweise bis zu 10000 Soldaten eingesetzt. Die Bauzeit betrug etwa 20 Jahre

 

O’Higgins:     

Namensgebend für die kleine chilenische Stadt Villa O’Higgins war der chilenische Unabhängigkeitskämpfer Bernardo O’Higgins Riquelme (20.8.1778 – 24.10.1842). Ebenso wurde der See Lago O’Higgins, der Gletscher O’Higgins , eine Hauptstraße in Santiago de Chile sowie der Nationalpark Bernardo O’Higgins  nach diesem tapferen Recken benannt.

 

El Chalten:    

Benannt wurde El Chalten nach dem indianischen Namen des Berges Fitz Roy. Die Bedeutung dieses Namens ist „rauchender Berg“ was jedoch nicht auf eine vulkanische Tätigkeit hinweist sondern die häufig am Gipfel hängenden Wolken metaphorisch beschreibt (die alten Indianer eben!!!)

 

Fitz Roy:

Dieser wunderschöne Berg wurde nach dem Kapitän der HMS Beagle benannt. Robert FitzRoy ( 5.7. 1805 – 30.4.1865) stand auch Pate bei der Namensgebung der patagonischen Zypressenart Fitzroya cupressoides.

 

HMS Beagle:

Bekannt wurde die britische 10-Kanonen-Brigg durch die Teilnahme des jungen Charles Darwin an deren zweiten Expedition. Vom Stapel lief dieses 27.43m lange Schiff im Mai 1820 in London. Der Name dieses berühmten Schiffes stand Pate für den Beagle-Kanal, einen Asteroiden namens 656 Beagle und für den verschollenen Mars-Roboter Beagle2

 

El Calafate:

El Calafate ist ein touristisches Zentrum und die Hauptstadt des Departemento Lago Argentino. Die rasch wachsende Stadt ist Ausgangspunkt für die Besichtigung des

Perito-Moreno-Gletscher. Benannt ist El Calafate nach einer in Patagonien heimischen Beberitzenart mit blauen Beeren. Die Einheimischen verwenden diese Beeren für die Herstellung einer schmackhaften Eiscreme welche den sinnigen Namen Helado Calafate trägt.

 

Beberitzen:

Abteilung:

Gefäßpflanzen (Tracheophyta)

Unterabteilung

Samenpflanzen (Spermatophytina)

Klasse:

Bedecktsamer (Magnoliopsida)

Ordnung:

Hahnenfußartige (Ranunculales)

Familie:

Berberitzengewächse

 

Perito-Moreno-Gletscher:

Der berühmte Gletscher in der Nähe von El Calafate wurde von dem dem deutschen Geologen Rudolph Hauthal erstmals gesichtet und nach dem verstorbenen Reichskanzler Otto von Bismark benannt. Später erst wurde der Gletscher umbenannt und trägt nun den Namen des verdienstvollen, argentinischen Geographs Perito Moreno.

 

Perito-Moreno:

Perito Moreno, eigentlich Francisco Pascasio Moreno ( 31.5.1852  - 22.21919 ). PM war bekannt mit dem amerikanischen Präsidenten Theodor Roosevelt mit dem er seine letzte Reise nach Patagonien unternahm

 

Theodore Roosevelt:

Na das führt jetzt selbst für den Axel Fischer zu weit!!!!!!!!!

Ushuaia, 3.2.2013